Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) präsentierte am 15. März 2023 die aktuellen Verkaufszahlen für Fahrräder für das Jahr 2022. Die außergewöhnlich starken Ergebnisse aus der Corona-Hochphase 2020/21 konnten zwar nicht ganz wiederholt werden, dennoch freute sich die Branche über gute Verkaufszahlen, die sich auf einem hohen Niveau konsolidieren. Insbesondere der E‑Bike-Markt wächst weiter. Der pressedienst-fahrrad fasst wichtige Informationen zusammen.
Insgesamt 4,6 Millionen Fahrräder und E‑Bikes wurden 2022 in Deutschland verkauft. Damit konsolidiert sich der Markt auf einem hohen Niveau. Er kann zwar die Werte aus 2020/21 nicht ganz erreichen, allerdings liegen die Verkaufszahlen noch immer über der Vor-Corona-Zeit. Mit 7,36 Milliarden Euro wurde 2022 sogar ein neuer Umsatzrekord in der Fahrradbranche erzielt. Das liegt daran, dass rund die Hälfte der verkauften Räder, also 48 Prozent bzw. 2,2 Millionen Stück, mit Motor verkauft wurden. Der E‑Bike-Markt hat sich in den letzten zehn Jahren rasant entwickelt. Branchenexpert:innen hatten bereits vor einigen Jahren vermutet, dass bald jedes zweite verkaufte Fahrrad in Deutschland ein E‑Bike sein werde, aber dass das Ziel bereits 2023 erreicht werden könnte, hatten die wenigsten vorhergesehen. Die Corona-Pandemie war dabei, allerdings nicht nur, aber besonders für E‑Bikes, ein Nachfrage-Treiber. Die Räder wurden zum Sportgerät, Reisegefährt oder pandemie-sichere Begleiter für den Arbeitsweg. Auch das Dienstrad-Leasing hat in den letzten Jahren nochmals stark an Fahrt aufgenommen hat und so für weiteres Wachstum gerade im E‑Bike-Markt gesorgt. Zwischen 400.000 und 500.000 Räder werden mittlerweile in Deutschland jährlich geleast. Da insgesamt eher hochpreisige Räder nachgefragt werden, wirkt sich das auch auf den durchschnittlichen Kaufpreis der Räder aus. Dieser liegt mittlerweile bei 1.602 Euro, bei E‑Bikes sogar bei 2.800 Euro.
E‑Bike-Markt ist noch nicht gesättigt
Für 2023 kündigen erste Hersteller Preissenkungen an, aber die Auswirkungen auf den Fahrradmarkt werden nicht dramatisch werden. Kund:innen sind bereit, in Qualität zu investieren. „Man merkt, dass Kund:innen bereit sind, in Qualität zu investieren. Leasing hat sehr geholfen, das Fahrrad als hochwertiges Verkehrsmittel zu etablieren. Mittlerweile ist das E‑Bike ein Statussymbol und wird oft einem Sportwagen vorgezogen“, sagt Volker Dohrmann vom Fahrradhersteller Stevens Bikes. Branchenkenner:innen gehen deshalb davon aus, dass hochwertige Fahrräder und E‑Bikes auch weiterhin stark nachgefragt werden. Einbußen könnte es dagegen im mittleren Preissegment geben. Dass der Markt allerdings nicht gesättigt ist, sondern noch mehr Potenzial bietet, zeigen die aktuellen Trends und Entwicklungen. So kommen 2023 E‑Bikes mit Nabenmotoren auf den Markt, die preislich das Einstiegssegment um die 2.000 Euro bedienen. In Kombination mit kleineren Akkus sind diese äußerst leicht. „Bislang war das E‑Bike in den deutschen Großstädten nicht so präsent, wie es sein sollte. Mit den neuen Antrieben wird E‑Biken auch für Menschen im urbanen Raum interessanter. Die Räder können zum sichereren Abstellen einfach in den Keller oder in das Treppenhaus getragen werden“, erklärt Steffen Krill vom neuen Antriebshersteller Mivice.
Mountainbikes fast nur noch mit Motor
Der Trend zum leichten E‑Bike ist auch im sportlichen Bereich zu sehen. Wie in den vergangenen Jahren war auch 2022 das Segment der E‑Mountainbikes das mit den meisten Verkäufen in Deutschland. 38 Prozent der E‑Bikes sind dieser Klasse zuzuordnen, während Mountainbikes ohne Motor weiter an Marktanteilen verlieren und nur noch drei Prozent des Gesamtmarktes ausmachen. Für 2023 stehen nun sogenannte Light-E-MTBs in den Startlöchern, die mit einem Gewicht unter 20 Kilogramm nah an den Fahrspaß der unmotorisierten Mountainbikes heranreichen. „Weniger ist mehr. Bergauf geht’s mit Light-E-MTBs dank Motor Support in Kombination mit geringerem Gewicht spürbar leichter. Dabei gleicht die agile Downhill-Performance einem Mountainbike ohne Motor“, beschreibt Matthias Rückerl vom E‑Mountainbike-Spezialisten Haibike die Neuentwicklungen.
Was macht der E‑Antrieb beim Rennrad?
Abseits des E‑Mountainbikes ist das sportliche Fahrrad hingegen in den Verkaufszahlen kaum noch relevant. Gerade einmal sieben Prozent Marktanteil machen die sportlichen Räder um das bekannte Rennrad und das Trendthema Gravelbike aus. Dabei sind die Räder von einer hohen Relevanz – gerade für die Entwicklungsarbeit. Viele Entwicklungen werden zuerst im Sportbereich intensiv getestet. Mit der Zeit kommen sie in den Massenmarkt und sorgen hier für einen Verkaufsschub. Aktuelle Themen wie elektronische Schaltungen werden erst in den nächsten Jahren an Rädern in der breiten Masse der Amateursportler:innen zu finden sein und dafür sorgen, dass die Nachfrage auch wieder steigen kann. Wobei der E‑Bike-Markt im sportlichen Bereich außerhalb der grobstolligen Mountainbikes zwar mit 120 Prozent eine sehr hohe Wachstumsrate aufweist, die absoluten Zahlen mit 22.000 verkauften Rädern allerdings gering sind. Im Rennrad- und Gravelbereich scheint der E‑Antrieb noch nicht gänzlich angekommen.
Cargo im Trend, S‑Pedelec (noch) nicht
Ein großes Trendthema ist und bleibt das Cargobike. Die Wachstumskurve zeigt steil nach oben. Im letzten Jahr wurden 212.800 Lastenräder verkauft, der Großteil davon mit Motor. Das ist ein Wachstum von 27,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Cargobikes sind aus dem Stadtverkehr nicht mehr wegzudenken. Familien und Gewerbetreibende nutzen die Fahrzeuge gleichermaßen für Transportmöglichkeiten aller Art. Auch für 2023 rechnen wir mit einem weiteren Wachstum und sehen Cargobikes als einen wichtigen Faktor für die Verkehrswende“, freut sich Jörg Matheis vom Anbieter Riese & Müller. Nicht zu vergessen sind jedoch Fahrradanhänger. Sie stellen eine praktische und bewährte Möglichkeit dar, Kinder, Einkäufe oder Lasten zu transportieren. 234.000 Stück wurden 2022 verkauft. Auch das S-Pedelec wird als wichtiger Punkt für die Verkehrswende genannt. Die schnellen E‑Bikes mit einer Unterstützung bis zu 45 km/h sollen insbesondere auf Pendelstrecken um die 20 Kilometer Länge ihre Stärken ausspielen. Ihr Marktanteil ist mit unter einem Prozent allerdings noch marginal. „Eine Änderung gibt es nur, wenn die Gesetzeslage angepasst wird und S‑Pedelecs auf Radwegen zugelassen werden. Dort, wo das S‑Pedelec mehr Raum bekommt, wir es auch stärker genutzt. Besonders für längere Pendlerwege ist das S‑Pedelec perfekt geeignet“, erklärt Matheis. Beispiele aus der Schweiz und Belgien zeigen, dass das einen positiven Einfluss auf die Verkäufe von S‑Pedelecs haben kann.
Thomas Geisler | pressedienst-fahrrad
Quelle: Pressedienst Fahrrad GmbH
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.